Ich hätte nicht gedacht, dass das mal passiert. Dass ich dasitzen würde, ein Burger-Buch in den Händen, um genau das zu rezensieren. In Sachen Burgern haben meine Eltern dereinst nämlich ganze Arbeit geleistet: Burger = Mäckes = Teufelszeug. Und das war nicht einmal ein Punkt, den ich rebellionswürdig fand.
Dass Burger – wie einiges anderes auch – nicht nur großartig schmecken können, sondern obendrein gewissen Nährwert besitzen, habe ich erst deutlich später entdeckt.
Wie dem auch sei: Inzwischen fröne ich einer kleinen Obsession, die Psychologen sicher in vielerlei Hinsicht bemerkenswert fänden, brate Burger um Burger und, wiegesagt, widme mich einem einschlägigen Werk. Das sich da passenderweise „The Art of Burger“ nennt und aus dem Hause Umschau stammt.
Der Clou dabei ist: Ich darf aus diesem Buch, das mir freundlicherweise von einem Kooperationspartner zur Verfügung gestellt wurde, kochen, davon schreiben und fertig ist der Lack. Keine Kosten, kein (großer) Ärger, kein nix. Und sämtliche geäußerte Meinung bleibt freilich meine eigene.
Die da geht: Bestellung und Versand klappen unkompliziert und problemlos, zum Rückversand kann ich nichts sagen, weil ich das Buch nicht mehr hergeben werde, und der Rest des Ladens ist so übersichtlich und sortiert, wie man das eben kennt. Sämtliche Testsuchen – namentlich Lutz’ Brotbackbuch, Hermés PH10 und Niki Segnits Geschmacksthesaurus – waren erfolgreich. Bloß für Sigrid Neudeckers Madame ist willig musste ich aus irgendeinem Grund ein bisschen länger tippen. Aber: Auch das ist da.
Und natürlich viel spannender: Das Buchwerk selbst.
Beim Auspacken war ich ein wenig erstaunt ob der Größe: Hatte ich nach den Bildern im Netz eher etwas von der Gewichtsklasse eines Deutschland oder Österreich vegetarisch erwartet, hielt ich ein durchaus dünneres Bändchen in der Hand. Aber: 176 Seiten sind trotzdem ‘ne Ansage.
LAYOUT & DESIGN
Auf diesen Seiten ist alles ein bisschen anders als man es kennt. Die Zutatenliste steht manchmal ganz unten links oder doch prominent mittig oben, aber dafür in 20 verschiedenen Typen. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber nicht unbedingt schlecht. Zumal die Arbeitsschritte fein säuberlich durchnummeriert sind. Bisweilen werden die zwar als Schnitzeljagd quer über zwei Seiten verteilt, z. B. beim Cordon Bleu-Burger, aber wenn man sich einmal eingesehen hat, macht das durchaus Spaß (zumal die Anhänger klassischen Rezeptdesigns auch auf ihre Kosten kommen) – function follows form.
INHALT
Und das (buchstäblich) Eingemachte? Ich mag, dass es Grundrezepte gibt – für zwölf verschiedene Burger Buns zum Beispiel, von pur bis schwarz vor Sepia; für Saucen wie Guacamole, Mayo, Aioli und Pesto.
Dieses Grundlagen-Präludium steht ganz vorne, unbebildert, auf den matten Seiten. Dahinter, auf den glänzend-gestrichenen, die Burger-Kompositionen. Und so kann man Kreationen wie den Alla Hopp mit Blutwurst (<3), Sauerkraut, Apfelmus und Mayo, den Jägerburger mit Kalbsfilet und Champignons im Walnussbrötchen oder den Benedikt mit Kochschinken, Speck, Spinat und Ei durchaus nennen. Einiges – wie ein Camemburger mit paniertem Camembert und Preiselbeeren – ist in der Zusammenstellung eher klassisch, anderes – wie der Red Hot Chili Burger mit Hack-Patty, Kidneybohnen, Papaya, Chili und Speck – deutlich weiter gedreht.
Sicher – manches geht eher als Sandwich durch denn als Burger (z. B. der Dannebrog mit Roggenbrot und Räucherhering oder der Bismarck-Burger mit Pumpernickel), anderes ist Spielerei (z. B. Peach, Wind & Chocolat – Windbeutel mit Pfirsich, Schokosauce, Nussbröseln, Thymian und Eis). Aber man hat mit diversen vegetarischen Burgern (z. B. The Fast Food Samurai, der Camemburger oder Health City) und einem veganen (The Orient Express) auch an alle gedacht, denen nicht nach Fleischschlachten ist, und dazu dreimal ans Dessert.
KRITIK
Kritikpunkt: Zwar sind die Rezepte je nach Aufwand mit S (= schnell), M (= mittelschnell) und L (= lange) gekennzeichnet, allerdings wird dabei die Fertigstellung von Grundzutaten wie Buns oder Mayo schon vorausgesetzt. Heißt, dass man, falls das alles noch nicht fertig ist, einen z. T. nicht unwesentlichen Zeitbedarf aufschlagen muss. Gründliche Lektüre ist also Pflicht – zum Beispiel auch, um zu erfahren, dass die Barbecue-Sauce über Nacht durchziehen soll. Das nur zum Thema „Fast Food“.
Und, was mich immer ein bisschen ärgert: Die Mengenangaben stimmen leider nicht zu hundert Prozent. Ich bin sowieso geneigt, Fleischmengen zu reduzieren – 100 Gramm Hack pro Burger und Nase halte ich für völlig ausreichend, Maulsperre inklusive – aber auch der Rest bedarf hin und wieder eines zweiten Auges: Die Saucenmenge zum Sunny Side Up beispielsweise reicht locker für die doppelte Personenzahl, das bereits eigenhändig halbierte Original-Rezept der Barbecuesauce jedoch gerade für vier. Sind sicher z. T. auch individuelle Präferenzen und Handhabungen, trotzdem: kleiner Minuspunkt.
Besonders Eifrige monieren, dass es neben besagtem Saucensammelsurium keine weiteren Beilagenrezepte wie z. B. für Pommes o. Ä. gibt. Allerdings würde das Umfang und vermutlich Preis des Bändchens durchaus nicht unwesentlich erweitern, wollte man da ähnliche Vielfalt und Abenteuerlust walten lassen wie bei den Burger-Rezepten. Und ein bisschen Eigeninitiative hat schließlich noch keinem geschadet.
RESÜMEE
Die ersten Nachbauten waren durchaus auf Wiederholung angelegt – sogar der Pilzverächter verdrückte seine Trüffelcreme anstandslos und befand die Gesamtzusammenstellung für hochgelungen. Wer sich also – wie ich – an ungewöhnlichen Rezepturen in besonderer Aufmachung freut, dem sei The Art of Burger wärmstens empfohlen. Der Name ist Programm.
Sunny Side Up: Burger mit Spiegelei, Pak Choi und Trüffelcreme im Sesambrötchen. Dazu: Ofen-Fritten
Vorbereitungszeit 1 Stunde 30 Minuten
Zubereitungszeit 1 Stunde 20 Minuten
Arbeitszeit 2 Stunden 50 Minuten
Portionen 4 Personen
ZUTATENBARBECUE-SAUCE
SESAMBRÖTCHEN
OFENFRITTEN
TRÜFFELCREME
PATTIES
PAK CHOI
AUSSERDEM
SO GEHT'S
NOTIZENnach „The Art of Burger“ und Love grows wild (Fritten) |
The Art of Burger
Jens Fischer (Rezepte)|Maria Brinkop (Fotos)
Umschau Verlag 2014
176 Seiten, gebunden
25,- Euro
PS: Ja, ich bemühe mich auch wieder um ein bisschen mehr Ausgewogenheit. Kann schließlich nicht immer nur Brot, Brötchen und, ja: Burger geben. Ab morgen ist Urlaub. Alles wird gut!
Ich habe deine Rezension mit großem Genuss gelesen (auch wenn ich die Obsession nicht teile und es sicher nicht kaufen werde ;-)).
Was sagt denn diese Obsession über dich aus? Doch eigenlich nur, dass du dir ein Objekt der Leidenschaft ausgesucht hast und es perfektionierst – was dir mit diesem Rezept sicher gelungen ist!
Und ja, 100 g Hack reichen völlig, ich habe zwar noch keine Buns da, aber die sind ja schnell gemacht und Herr H. ist bezüglich der Burger-Leidenschaft ganz deiner Meinung. 🙂
Liebe Grüße,
Eva
Vielen Dank… für die Bluuumen… 😀
Aber zum Burger-Blog werde ich vermutlich trotzdem nicht. Diese Obsessionen kommen und gehen ja ganz gern…
herrlich! Es macht so viel Spaß, deine Rezension zu lesen – da ist es ganz zweitrangig ob man jetzt Burger-Liebhaber ist oder nicht 😉 Eine Buchkritik hat mich lange nicht so gut unterhalten wie deine! Herzlichen Dank und liebe Grüße, Theresa
immer wieder gern 🙂
burger! maaaan, sieht der gut aus… vielleicht sollte ich vom dauertesten der burgerläden im viertel mal zum selbermachen übergehen!
DEFINITIV!
Das sieht guuuuuut aus!!
http://recipe-suitcase.blogspot.de
Soll ich dir was sagen? Das schmeckt auch so 🙂